Die Merz’-Zeitenwende

– Unbegrenzte Milliarden für den Krieg

– 500 Milliarden für ein zerstörerisches Sondervermögen

Dieser Artikel wurde am 14. März geschrieben, vor der Einigung mit den Grünen und der Ankündigung von Merz: „Wir werden vor allen Dingen jetzt über Reformen und über Einsparmöglichkeiten (!) im Bundeshaushalt sprechen müssen“, denn Bund, Länder und Gemeinden würden aber dennoch einsparen müssen. „Die Zeiten des Paradieses, wo jeder Wunsch möglich ist, sind vorbei.“

Trumps Kalkül ist aufgegangen. Mit ungezügelten Drohungen hat er von der EU ein 800 Mrd. Euro-Programm für Aufrüstung und Kriegsvorbereitung erpresst. Die europäischen Regierungschefs diskutieren auch über die Entsendung von Truppen in die Ukraine.

In der Ausgabe vom 14. Februar 2025 sind wir auf die Frage eingegangen, was der Auftrag an die neue Regierung unter Merz ist. In Form einer historisch einmaligen Einmischung in den Bundestagswahlkampf hatte Musk klargestellt, dass die US-Regierung in der AfD den „letzten Funken Hoffnung für dieses Land“ sieht. Das war unter dem gegebenen politischen Kräfteverhältnis nicht durchsetzbar. Jetzt geht der Auftrag an den BlackRock-Kanzler Merz, in Deutschland ein autoritäres Regime aufzubauen, um das Programm des Finanzkapitals – natürlich unter dem Diktat des US-Imperialismus – durchzusetzen: Aufbau der Rüstungs- und Kriegswirtschaft – zum Preis der Entindustrialisierung und des Abbaus aller noch existierenden sozialstaatlichen Errungenschaften.

In der kleinsten „Großen Koalition“ aller Zeiten aus „radikalisierter, rechter Merz-CDU“ (Arbeitsminister Heil, SPD) und Scholz-SPD, finden Trump/Musk treue Vasallen. So tönt der Noch-nicht-Kanzler Merz: „Ich will es sehr deutlich sagen: Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: ‚whatever it takes’“.

In einem „windigen Manöver“ (Süd- deutsche Zeitung) und Geschacher um die Stimmen der Grünen wollen Union und SPD unter Missachtung des Grundgesetzes die Schuldenbremse für eine Blankovollmacht zur Aufnahme unbegrenzter Kriegskredite „lockern“. Und zur „Ruhigstellung“ präsentieren sie dem deutschen Volk das vergiftete Geschenk eines 500-Milliarden Sondervermögens „Infrastruktur Bund/Länder/ Kommunen“, was darüber hinwegtäuschen soll, dass der Preis für diese Milliarden-Pakete vom Volk mit dem weiteren Abbau des Sozialstaates bezahlt werden muss. Sie wollen zu dem Trick einer gemeinsamen Abstimmung der beiden Pakete greifen, weil sie gegen den Widerstand im Volk, aber auch im Parlament und selbst in den eigenen Reihen, diesen Kurs der Kriegsvorbereitung und des sozialen Kriegs gegen das eigene Volk nicht einfach durchpowern können.

Merz, unterstützt von der SPD-Führung unter Rüstungs-Lobbyist Klingbeil, scheut sich nicht, diese über eine Billion starke Neuverschuldung z.T. als „Sondervermögen“ zu kaschieren, und damit auch alle seine „Wahlversprechen“ als Wahlbetrug bloßzustellen.

Schließlich waren es Merz und Söder, die vor der Wahl mantraartig vor dem Risiko zu hoher „Schuldenlast“ gewarnt haben. „Auf einen Schlag Hunderte Milliarden Euro neue Schulden zu machen, (…) das ist dreist … Und es drohen dramatische Folgen für Deutschland und Europa“, kommentiert die Süddeutsche Zeitung vom 13.3.2025.

Ein Freibrief für unbegrenzte Kriegskredite

Im Sondierungsergebnis ist festgeschrieben, dass alle Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts von den Beschränkungen der Schuldenbremse ausgenommen werden. CSU-Vorsitzender Söder erläutert, die Bedeutung des Beschlusses: „für die Sicherheit no limit“, also „keine Grenze“. „Wir rüsten komplett auf.“ SPD-Chef Klingbeil nennt die Vereinbarungen „ein starkes Paket für Sicherheit“. Und betont, angesichts der Vorgänge in den USA sei klar geworden, „dass wir viel mehr Geld für unsere Verteidigung und für die Sicherheit in Europa brauchen“. Der Noch-Kriegsminister Pistorius (SPD) ergänzt: „Das ist ein historischer Tag, für die Bundeswehr und für Deutschland“. (!) Merz zeigt sich weiterhin offen für die Lieferung des Taurus an die Ukraine.

Wie auch bei der geplanten Stationierung der US-Mittelstreckenraketen handelt es sich um Angriffswaffen. Damit brechen sie ebenso das Grundgesetz (die Vorbereitung eines Angriffskrieges ist verfassungswidrig, GG Art 26. (1)), wie schon Merz mit der Einladung an Netanjahu (s. Soziale Politik & Demokratie, Nr. 524) oder mit der jetzigen Abstimmung für ihren Schulden-„Doppel- Wumms“.

Sondervermögen für Infrastruktur: Ein vergiftetes Geschenk für das Volk

„Mit einem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro bringen wir unser Land wieder in Form“, verspricht das Sondierungsergebnis.

Für das Sondervermögen Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen, das eine Laufzeit von 10 Jahren hat, wird die Schuldenbremse ausdrücklich nicht aufgehoben. Auffallend ist, dass in der Sondierungsvereinbarung zunächst das Wort „zusätzlich“ fehlte, also Investitionen gemeint sein konnten, die ohnehin schon im Haushalt vorgesehen waren.

Es „soll für Investitionen in die Infrastruktur dienen. Dies umfasst insbesondere Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehrsinfrastruktur, Krankenhaus-Investitionen, Investitionen in die Energieinfrastruktur, in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung und Digitalisierung. Davon sollen 100 Milliarden Euro den Ländern und Kommunen für die o. g. Bereiche zur Verfügung stehen.“ Unklar bleibt, was sich hinter dem Sondervermögen verbirgt. So ist von Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Rede. Darunter fallen aber auch direkte Maßnahmen der Kriegsvorbereitung, wie Bunkerbau und Kriegsertüchtigung der Infrastruktur. Wir verweisen auf das Grünbuch zur zivil-militärischen Zusammenarbeit (siehe Soziale Politik & Demokratie, Nr. 521).

Was heißt Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur? Straßen, Schiene, Brücken Wasserverkehr sind auch von militärischer Bedeutung, z.B. für Panzer- und Truppentransporte, müssen also den neuen militärischen Bedürfnissen angepasst werden.

Dass Krankenhäuser „kriegstüchtig“ gemacht werden sollen, haben wir schon mehrfach analysiert. „1000 Verletzte täglich“ müssen versorgt werden. Das geht selbstverständlich auf Kosten der zivilen Versorgung der Bevölkerung. 100 Milliarden von den 500 Milliarden sollen den Ländern zur Verfügung stehen. Warum nur ein Fünftel der Investitionssumme, zumal die Länder rund 70 Prozent aller Investitionen verbauen? (Rahed Saleh, SPD-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus).

Das Sondervermögen ist eine Black- Box, keiner weiß was sich darin befindet und es wird der normalen Haushaltaufstellung und -kontrolle entzogen.

„Kehrtwende zu mehr Wachstum!“?

Rezession und Entindustrialisierung existiert für diese „Krisen“-Regierung nicht. Vollmundig versprechen die Sondierungsvereinbarungen von CDU und SPD: „Mit starken Wachstumsimpulsen und einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sichern wir Beschäftigung und schaffen die Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze,“ Kein Wort von den drei Millionen Arbeitslosen und einer Million Langzeitarbeitslosen, kein Wort zu der Welle von Massenentlassungen, von Schließungen, Arbeitsplatzabbau in der Autoindustrie, beim Maschinenbau… Der „Deutscher Mittelstand im Würgegriff der Krise“, warnt die KMU-Analyse (21.2.2025, Quelle: dpa). Im Sondierungsergebnis heißt es dazu nur betrügerisch: „Wir stärken Mittelstand und Handwerk den Rücken“. „Falls der designierte Kanzler Friedrich Merz nicht noch eine unbekannte Zauberformel in der Tasche hat, braucht es wirklich sehr viel Optimismus, um zu glauben, dass so eine Kehrtwende zu neuem Wachstum gelingen kann,“ so ein Kommentar in der FAZ vom 12. März.

Merz kennt eine „Zauberformel“: Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, Abschaffung des Bürgergeldes; mehr billige ausländische Arbeitskräfte; milliardenschwere Unternehmenssteuerreform; Senkung der Renten; „Migrationswende“… (s. Soziale Politik & Demokratie, Nr. 523). Und in den Sondierungsergebnissen konnte er diese Essenz seiner Zauberformel unterjubeln.

Denn diese liefern meist sehr offene und unklare Aussagen. Z.B. wurden angeblich 15 Euro- Mindestlohn vereinbart. Und was steht im Papier? Ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 sei erreichbar, doch die die Festlegung bleibt wie bisher der Mindestlohnkommission überlassen (!). Oder: Steuervorteile für Arbeitnehmer bei Überstunden.

Die tägliche Höchstarbeit soll durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt werden, d.h. 12-, 14- oder 16-Stunden-Arbeitstag. Ähnlich unklar, aber provokativ, bleiben die Aussagen zur Rente (sie sind offen gehalten für Kürzungen) …

Viele leere Versprechungen

finden sich in dem Sondierungsergebnis: eine „Entlastung der Familien“, eine „Stärkung der sozialen Sicherheit“ und die „Anerkennung“ der „Leistung der hart arbeitenden Menschen.“ Verschwiegen wird die Realität der „hart arbeitenden“ gesellschaftlichen Mehrheit: dass die Reallöhne seit 2019 um 2,5 % gesunken sind. Und dass die Tarifforderungen im öffentlichen Dienst, bzw. die Abschlüsse 2024/25 bei der IG Metall, Post, EVG keinen Ausgleich für den Tariflohnverlust der letzten Jahre bringen. Preise für Lebensmittel, Mieten, Sozialbeiträge, ÖPNV…. steigen; die Verarmung erfasst immer mehr Kinder und Alte, sowie die Mittelschicht und frisst sich immer tiefer in die Schichten der Industriearbeiterschaft.

Die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland, welche die Bevölkerung mit inflationärer Verteuerung bezahlen muss, steht nicht im Programm der Kriegsparteien Union und SPD.

Im Namen der Bekämpfung „irregulärer Migration“ – Aushebelung der Menschenrechte

Dazu gehört u.a., dass Asylsuchende an den bundesdeutschen Grenzen zurückgewiesen werden (das unterläuft den Rechtsstaat, Pro Asyl); Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte; Rückführungsoffensive; Stopp der Aufnahmeprogramme für bedrohte Afghanen… Selbst Kriegsminister Pistorius kommentierte die Gesprächspartner der Union zum Kontext Migration: „Humanität und Verantwortung für andere Menschen? Null Komma Null“.

Entgegen der betrügerischen Illusion von Merz` „Zeitenwende zum Wachstum“ gibt es eine wirkliche „Zeitenwende 2.0“. Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender des Rüstungskonzerns Rheinmetall AG ist deutlich: „Rheinmetall stellt sich den Herausforderungen der Zeitenwende 2.0…“, mit einem Höhenflug zu einem neuen Gewinn-Rekord.

Lob von den Gewerkschaftsführern

Schon für die Ampelregierung unter Scholz wurden die Gewerkschaftsführungen zur entscheidenden Stütze. Jetzt loben sie das Sondervermögen Infrastruktur. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi spricht schon von einem starken

Signal für Wirtschaft und die Beschäftigten: „Die Entscheidung für ein Sondervermögen ist nicht weniger als ein Befreiungsschlag zur Modernisierung unseres Landes. Ausreichende Infrastrukturmaßnahmen für die technisch-physische sowie die soziale Infrastruktur des Landes werden damit endlich möglich.“ Gleichzeitig begrüßt Fahimi die weiteren Kriegskredite: „Insbesondere vor dem Hintergrund globaler Unsicherheiten müssen wir Europas Verteidigungsfähigkeit stärken und dürfen dabei gleichzeitig sozialen Fortschritt nicht ausbremsen.“!?

Die Koalition der Verlierer provoziert Widerstand Nein zur Merz` „Zeitenwende“. Über eine Millionen Menschen sind schon in den ersten Monaten des Jahres auf die Straße gegangen: gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit – für Respektierung der Menschenrechte! Nie wieder Krieg – Frieden! 80.000 Metaller demonstrieren am 15. März für die Verteidigung ihrer Arbeitsplätze in Hannover, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Leipzig.

In harten Warnstreiks kämpfen die Beschäftigte im Öffentlichen Dienst für ihren Reallohn. Am 15. März protestieren 3.000 am Brandenburger Tor und Tausende versammeln sich in diesen Tagen in vielen Städten zu Mahnwachen:

Nein zu dem von Union, SPD und Grünen geplanten Freibrief für die größten Kriegskredite in der bundesdeutschen Geschichte!

Nein zu Wahlbetrug und Missachtung der Demokratie (BSW)!

Nein zu einem betrügerischen Sondervermögen Infrastruktur!

In zahlreichen Städten gab und gibt es Demonstrationen gegen die Kaputtsparpolitik:

Statt Milliarden für Aufrüstung und Krieg, Milliarden für

  • Schulen, Kitas, Krankenhäuser und die soziale Infrastruktur;
  • ein Aktionsprogramm zur Wiederherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge;
  • die ausreichende Finanzierung von Ländern und Kommunen!

Carla Boulboullé / Gotthard Krupp, 14. März 2025

Veröffentlicht in Soziale Politik & Demokratie Nr. 525 vom 21. März 2025

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