Die Regierung der „Wahlverlierer“ – schon bei ihrer Wahl vom Chaos erschüttert

Am 6. Mai kann Friedrich Merz schließlich nach einem demütigenden 1. Wahlgang das Kanzleramt antreten, die Ministerinnen und Minister von CDU/CSU und SPD werden vereidigt.

Offenbar wird, dass diese kleinste „Große Koalition“ der Wahlverlierer, schon bevor sie im Amt ist, eine tiefe Krise erschüttert wird. 18 Abgeordnete der Koalition von Union und SPD verweigern Merz im 1. Wahlgang das Vertrauen! Das trifft zweifellos auch seinen Vize Klingbeil (SPD). Nur dank des „staatspolitischen Bewusstseins“ aller im Bundestag vertretenen Parteien von AfD bis Linkspartei konnte eine „Staatskrise“ abgewendet und damit in einem sofortigen 2. Wahlgang der Weg zur Macht für Kanzler Merz und seine Politik freigemacht werden.

„Es wäre ein Segen für unser Land gewesen, hätte Merz gleich nach dem ersten Wahlgang die Konsequenzen aus seinem Scheitern gezogen“, so Sahra Wagenknecht (Facebook). Sie macht damit deutlich, warum sich alle jetzigen Bundestagsparteien vor der Wahl an einer von der Regierung gesteuerten Hass-Kampagne beteiligt haben, mit der das BSW und damit die einzige wirkliche Stimme gegen Krieg und soziale Zerstörung aus dem Bundestag gejagt werden konnte.

Regierung Merz – unter dem Diktat des Finanzkapitals

Wir haben in den letzten Nummern wiederholt dargestellt, dass Trump/Musk eine AfD-Regierung vorgezogen hätten, weil diese am ehesten eine Politik im Interesse des Finanzkapitals, jener fünf US-Tech-Monopole, umsetzen würde.

Doch angesichts des politischen Kräfteverhältnisses in Deutschland, das nicht reif ist für eine AfD-Regierung, muss Merz die Aufgabe übernehmen, eine nochmals verschärfte Politik der Kriegsvorbereitung und -teilnahme, sowie der Militarisierung der gesamten Gesellschaft durchzusetzen; bezahlt durch drastischen Sozialabbau, wie Abschaffung des Bürgergelds und 8-Stundentags (keine Aufhebung der Schuldenbremse für den Sozialhaushalt, aber für Kriegskosten!). Obwohl noch nicht im Amt, hat die Union unter Merz schon eine Volksverhetzungs-Kampagne gegen Flüchtlinge/Migranten, der Fremdenfeindlichkeit betrieben und damit die Spaltung der Arbeiterschaft gefördert.

Merz hat sich den Namen als „Kriegskanzler“ verdient mit der Durchsetzung der unbegrenzten Kriegskredite, d.h. „unbegrenzten Verschuldung“ für den Krieg und weiterer 500 Milliarden für Investitionen in “Infrastruktur“, besonders zu deren Kriegsertüchtigung (Brücken, Straßen, Bahn für Panzertransporte, Krankenhäuser…). Er schließt die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus weiterhin nicht aus.

Nach seinem endlichen Wahlsieg im Februar verkündete Merz, dass er Netanjahu nach Deutschland einladen wolle – im Bruch mit dem Völkerrecht und Grundgesetz, denn gegen diesen „Kriegsverbrecher“ liegt ein internationaler Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs vor. Es gebe Mittel und Wege, den Premier nicht festnehmen zu lassen, so Merz. Boris Pistorius (SPD) bleibt auch unter Merz Kriegsminister, mit dem Rüstungslobbyisten Lars Klingbeil (SPD) als Finanzminister.

Ein Kabinett der Wirtschafts- und Rüstungs-Lobbyisten, Vertreter repressiver Staatsgewalt…

Karsten Wildenberger, der neue Minister für Digitalisierung und “Staatsmodernisierung“, war Geschäftsführer der Media-Saturn Holding GmbH. Er ist Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrates, der u.a. Steuersenkungen für Unternehmer fordert. Er ist Vizepräsident des mächtigen Lobbyverbands HDE (Handelsverband Deutschland) und vertritt damit die Interessen von Konzernen wie Aldi, Lidl und Amazon.

Katherina Reiche, neue Wirtschaftsministerin, war zuletzt Chefin der Eon-Tochter Westenergie– eine Energiekonzern Chefin als Energieministerin!

Johann Wadephul ist als zukünftiger Außenminister bereit zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Er bestätigt Netanjahu, dass das Aushungern des Gazastreifens kein Bruch mit humanitärem Völkerrecht sei: „Indem die israelische Seite diesen Schritt jetzt geht, ist klar, dass man Israel völkerrechtswidriges Verhalten nicht vorwerfen kann.“ (taz, 11.5.25)

Alexander Dobrindt, neuer Bundesinnenminister, bekannt für seine demokratiefeindliche Unterdrückungspolitik, z.B. gegen die palästinasolidarische Bewegung. Unter ihm droht eine Welle neuer Berufsverbote: Schluss mit „linker Meinungsvorherrschaft“.

Wolfram Weimer wird Staatsminister für Kultur und Medien. Er ist ein rechtsliberaler Verleger und Publizist. Er arbeitete u.a. für den Springer-Konzern und die FAZ, leitete das Magazin Focus und die Welt, ist Gründer des politisch konservativen Magazins Cicero. Er stellt die Öffentlich-Rechtlichen Medien generell in Frage. In seinem Buch «Das konservative Manifest» sorgt er sich um die «Fortdauer des eigenen Bluts» und beklagt die «biologische Selbstaufgabe» Europas.

Thorsten Frei, Bundesminister für besondere Aufgaben, verkündet, dass die Erhöhung der Ausgaben für die “Verteidigung“ zulasten der sozialen Sicherungssysteme gehen könnten und Einschnitte bei Gesundheit, Pflege und Rente verlangen….

AfD „überflüssig“ machen?

Eine solche Regierung setzte sich während der Wahlen die Aufgabe, „diese Partei wieder so klein wie möglich zu machen“ (Merz), oder Dobrindt, man muss die AfD „wegregieren“, während Klingbeil dazu aufrief, diese Partei politisch „kleinzukriegen“. Doch die AfD wurde mit 20,8% zweitstärkste Partei im Bundestag und kann sich aus der Opposition heraus weiterhin und trügerisch als „Protest“partei gegen das System der fünf etablierten Parteien präsentieren. „AfD wegregieren“? Mit ihrer Politik des Betrugs und der Täuschungen heizen sie die wütende Ablehnung im Volk nur weiter an und verhelfen der AfD zu neuen Höhenflügen. Ein Verbot ist kein Weg zur Bekämpfung von Rechtsextremismus. Die historische Erfahrung lehrt, ein Verbot „rechter“ Parteien soll letztlich den Weg frei machen für Verbote „linker Bewegungen“, angefangen bei „linken“ Parteien. Und dass das keine Leerformel ist, dafür steht Dobrindt, der schon 2011 ein Verbot der Linkspartei prüfen lassen wollte. 

Die neue Regierung provoziert Widerstand

Die Gewerkschaftsführung erweist sich als bester Diener des Kapitals und der Regierung, z.B. in der Umsetzung des Diktats der Reallohnkürzungen oder wie im Fall der (von Merz geforderten) Liquidierung des 8-Stundentags.

Doch die ver.di-Führung konnte nicht verhindern, dass eine große Mehrheit der beschäftigten Kollegen und Kolleginnen das von ihr befürwortete Tarifergebnis für Bund und Kommunen abgelehnt hat; sie sagen Nein zu einem Tarifvertrag, der keinen Reallohnausgleich garantiert; der das Aus für den 8-Stundentag sowie weitere Einschnitte vorsieht (s. „Soziale Politik und Demokratie“, Nr. 526). An der Befragung beteiligt haben sich nur 24,1 Prozent der ver.di-Mitglieder, von denen dann eine knappe Mehrheit von 52,2 Prozent zugestimmt hat, also nur ein Bruchteil der ver.di-Kollegen (siehe auch S. 10).

In den Demonstrationen am Ostermarsch und 1. Mai, in Streiks gegen Entlassungen (wie bei Ford) oder selbst in der äußerst schwachen Zustimmung der SPD-Mitglieder zur Koalition mit der Union (nur 56 Prozent beteiligten sich), als auch in den-Stimmen gegen Merz im ersten Wahlgang im Bundestag, kündigt sich zukünftiger Widerstand gegen die noch schlimmere Fortsetzung der kriegstreibenden, sozialzerstörerischen und antidemokratische Politik durch die Merz-Regierung an.

Die politisch engagierten Gewerkschaftskollegen um die „Soziale Politik und Demokratie“ unterstützen die Initiative für den Aufbau eines Arbeitnehmerflügels beim BSW (AGBSW) für „Frieden und soziale Gerechtigkeit, die von Kollegen und Kolleginnen in mehreren Bundesländern aufgenommen wurde.

Carla Boulboullé, 14. Mai 2025

Veröffentlicht in Soziale Politik & Demokratie Nr. 528 vom 14. Mai 2025

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