Beschluss des Bezirksvorstandes ver.di Berlin vom 14. Juli 2025
Die Unruhe in Berlin wächst. Demonstrationen von Kulturschaffenden, Beschäftigten der freien Träger für Sozialeinrichtungen, an den Hochschulen. Viele befürchten, dass die kaputtgesparte Stadt noch weiter kaputtgespart wird.
So kündigen in einer Erklärung von Geschäftsführungen, Vorständen, Verbänden gemeinsam mit Belegschafts- und Gewerkschaftsvertretungen freie soziale Träger ihre Proteste an: „Mit den über 100.000 Beschäftigten, Geschäftsführungen und Vorständen freier Träger können und werden wir am 11.09.2025 und danach ein gemeinsames Zeichen der Stärke und Geschlossenheit gegen Kürzungen und für die Gleichbehandlung unserer gesellschaftlich so wichtigen Arbeit setzen!“
ver.di Berlin beteiligt sich an den Initiativen gegen die Haushaltskürzungen, da wir davon überzeugt sind, dass die öffentliche Daseinsvorsorge insgesamt bedroht ist.
Wir stellen fest:
- Ob in Verwaltung des Landes oder der Bezirke, Krankenhäusern, Notdiensten, bei der Feuerwehr, in den Jugendämtern, in den sozialen Einrichtungen und in der gesamten öffentlichen Infrastruktur fehlen Personal und Nachwuchskräfte.
- Berlin lebt bereits seit vielen Jahren von der Substanz. Marode Straßen, einsturzgefährdete Brücken, an den Unis und Schulen bröckelt der Putz und in der Verwaltung kommt die Digitalisierung nicht voran. Die Investitionsbank Berlin schätzt den Investitionsbedarf in den nächsten 10 Jahren auf ca. 108 Mrd. Euro. Das entspricht fast dem Dreifachen des aktuellen Landeshaushalts von Berlin.
- Aber auch andere lebensnotwendige Fragen der Stadt werden nicht angegangen, allein die Mieten haben sich in Berlin in den letzten 10 Jahren verdoppelt.
Anstatt zu diskutieren, wie die Probleme der Stadt gelöst werden, planen der Senat und das Abgeordnetenhaus erneut ein Kaputtsparprogramm. Bereits für den aktuellen Haushalt 2025 wurde durch den Berliner Senat ca. 3 Mrd. Euro gekürzt. Im Doppelhaushalt 2026/27 sollen noch einmal jedes Jahr 800 Mio. Euro gestrichen werden.
Wir brauchen keine weiteren Kürzungen, sondern Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge.
ver.di weiß, nicht für alles sind Senat und das Abgeordnetenhaus allein verantwortlich. Wir wissen, vieles wird nicht auf Landesebene, sondern auf Bundesebene entschieden. Wir wissen auch, dass Berlin von einem Schuldenberg von über 60 Milliarden erdrückt wird.
Aber die Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt brauchen die Sicherung und den Erhalt der kommunalen und sozialen Infrastruktur, die Grundlagen, ihrer Lebensexistenz Berlins und ihre Finanzierung durch den öffentlichen Haushalt.
Seit Jahren ist von den politischen Verantwortlichen zu hören: „Es ist kein Geld da.“ Tatsache ist, dass innerhalb weniger Tage Milliarden für Aufrüstung und Krieg, unbegrenzte Kriegskredite, mobilisiert werden konnten, während für die öffentliche Daseinsvorsorge und ihre Betriebe weitere Kürzungen auf der Tagesordnung stehen und viele soziale Einrichtungen vor dem Aus stehen.
Deshalb tritt ver.di für mutige Initiativen ein, um Berlin endlich zu entschulden. Die Politik der Unterwerfung unter die Schuldenbremse muss beendet werden.
Die öffentliche Daseinsvorsorge ist die Grundlage der Demokratie; die Zerrüttung der Daseinsvorsorge ist Wasser auf die Mühlen der Demokratiefeinde von rechts.
ver.di Berlin ruft die Beschäftigten aller öffentlichen Betriebe und der Verwaltung, dazu auf gemeinsam zu diskutieren und mit den Bürgern und Bürgerinnen in dieser Stadt für diese Forderungen streiten:
- Keine weiteren Kürzungen, sondern Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge
- Eine Bedarfsplanung, die den Bedarf an sozialen Diensten erfasst und wie viel Personal hierfür beim Land Berlin und im mittelbaren öffentlichen Dienst benötigt wird (z.B. Freie Träger, ausgelagerte Bereiche)
- Erhalt und Ausbau von Ausbildungs-/Studienplätze im öffentlichen Dienst, wie zum Beispiel bei der ZLB
- Refinanzierung der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, inklusive aller Tarifsteigerungen für die unmittelbaren Landesbeschäftigten, die Landeseinrichtungen/Landesbetriebe und die Freien Träger
- Den Investitionsstau angehen: Ausbau der Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge von Berlin, der dem realen Investitionsbedarf der Stadt gerecht wird.
- Das Land Berlin muss sich auf Bundesebene mit einer Bundesratsinitiative für eine ausreichende Finanzierung der öffentlichen Hand einsetzen. Hierzu gehört insbesondere die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine effektive Erbschaftsteuer, ohne Schlupflöcher für Superreiche und Stopp von Steuerhinterziehung.
- Wir fordern die Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge und lehnen die alleinige Verpflichtung auf das NATO-Ziel von 5% der Wirtschaftsleistung für Aufrüstung ab.
Auf der Landesebene fordern wir konkret vom aktuellen Berliner Senat:
- Das Land Berlin muss alle Möglichkeiten nutzen, um seine finanziellen Spielräume zu erweitern.
- gestaffelte Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf das Niveau Brandenburg. Das bringt zusätzliche Einnahmen von bis zu 100 Mio. Euro pro Jahr und leistet einen Beitrag zur Bekämpfung von Spekulation mit Wohnraum.
- Erhöhung der Gewerbesteuer auf das Niveau Potsdams.
- Nutzung der finanziellen Mittel aus dem Sondervermögen für die Länder.
- Nutzung aller Möglichkeiten zur Kreditaufnahme durch die Länder für die Investition in die gesellschaftliche Infrastruktur Berlins. Priorität muss die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Erhalt der Daseinsvorsorge sein.
Ja zu Berlin – Nein zum Kaputtsparen!