Rede von Josephine Thyrêt bei der Hiroshima/Nagasaki-Gedenkveranstaltung der Friedensglockengesellschaft Berlin am 6. August 2025 in Berlin-Friedrichshain
– Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Anteil nehmende Freundinnen und Freunde,
wir haben uns heute hier aus einem ganz besonders furchtbaren Anlass der Weltgeschichte versammelt.
Vor 80 Jahren wurde erstmals eine atomare Massenvernichtungswaffe eingesetzt. Der Begriff Massenvernichtung macht dabei deutlich, wofür diese Waffe steht. Es geht um die größtmögliche Vernichtung menschlichen Lebens.
Wie weit die Menschenverachtung derer geht, die bereit sind sie einzusetzen, zeigt die Tatsache, dass nach erfolgreicher Testung am 16.7.1945 laut General Eisenhower ihr Einsatz gegen Japan noch am selben Tag beschlossen wurde.
Der Einsatz über unbewohntem japanischem Gebiet wurde zügig verworfen.
Der Terror gegen Zivilisten gehört von jeher zum Krieg.
Beispiele dafür sind das Massaker von Nanking 1937 bei dem japanische Truppen zwischen 40.000 bis 200.000 chinesische Zivilisten ermordeten und die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 mit mehr als 25.000 Toten.
Das die Atombombe nicht schon gegen deutsche Städte eingesetzt wurde, ist vermutlich nur dem Umstand zu verdanken, dass die deutsche Wehrmacht im Mai 1945 kapituliert hatte. Den Einsatz auf deutsche Städte hatte man zumindest schon erwogen.
Heute hat sich daran nichts geändert.
Der israelische Terror gegen die palästinensische Zivilbevölkerung, die Drohnenattacken gegen russische und ukrainische Städte sind der Beweis.
Kein Volk dieser Erde – sollte es für die Interessen Einiger in einen Krieg hineingezogen werden – wird vom Terror verschont bleiben.
Und wieder bereiten sie den kriegerischen Terror vor.
Somit stehen wir innen- und außenpolitisch vor gewaltigen Herausforderungen.
Auf dem Titelblatt einer Handelsblattausgabe vom Januar wird die Frage aufgeworfen, ob Trump der Welt den Raubtierkapitalismus zurückgebracht hat. Doch tatsächlich wir stellen weltweit die totale Unterwerfung unter den Raubtierkapitalismus der Trump-Regierung fest.
Für die deutsche Wirtschaft wird weiterhin eine negative Entwicklung prognostiziert, die sich mit den einseitigen US-Handelszöllen von 15% auf EU – Importe zunehmend verschlechtern wird.
In einer Analyse im dazugehörigen Artikel wird aus der Frage dann eine Feststellung.
Wir sehen:
- Den Prozess der Deindustrialisierung,
- VW, Siemens, Audi, Bosch, Continental planen für die Zukunft einen massiven Stellenabbau
- die Umwandlung der produktiven Industrie in eine zerstörerische Rüstungsindustrie,
- Nach dem online-Magazin „Markt und Mittelstand“ plant Rheinmetall VW-Werke in Osnabrück und Dresden zu übernehmen. Die Fa. Bosch, welche bisher aus Prinzip nicht mit der Rüstungsindustrie zusammengearbeitet hatte, will nun lt. Konzernchef Stefan Hartung, auch ihren „Beitrag“ leisten
- die Milliarden Kriegskosten,
Im Bundeshaushalt 2026 wird der Verteidigungsetat von 62,4 Milliarden Euro auf 82,7 Milliarden Euro im Jahr steigen. Hinzu kommen 25,5 Milliarden Euro aus dem Sonderetat Bundeswehr.
Die Verteidigungsausgaben sollen bis 2029 auf 3,9% des BIP angehoben werden
- Handelskriege und zunehmende bewaffnete Konflikte
- Den Angriff auf sämtliche sozialstaatlichen Errungenschaften und somit den sozialen Krieg gegen die eigene gesellschaftliche Mehrheit
Dennoch ist der Titel des Handelsblattes etwas irreführend. Trump ist nicht allein dafür verantwortlich. Seine Vorgänger Regierungen agierten nicht viel anders.
Aber auch die EU und allen voran die deutsche Bundesregierung sind Wegbereiter für diesen Raubtierkapitalismus, der sich eindeutig in der Umwandlung in Kriegswirtschaften und bei uns in der Abkehr vom Sozialstaatsprinzip unseres Grundgesetzes manifestiert.
Die erste Aufgabe, vor der wir stehen, ist die Organisierung des Kampfes gegen den Krieg, für den Stopp der Waffenlieferungen an Israel und an die Ukraine und den Sofortigen Waffenstillstand
Ohne Wenn und Aber!
Denn das ist die stichhaltigste Antwort in unserem Kampf für soziale Gerechtigkeit.
Krieg und der Erhalt soziaalstaatlicher Errungenschaften sind unvereinbar.
Ebenso kämpfen wir gegen die verheerende Welle der Deindustrialisierung und Massenentlassungen in der Industrie.
Denn wer kommt für die die Kriegsbemühungen des Raubtierkapitalismus letztlich auf?
Arbeiter und Arbeiterinnen bezahlen dafür mit Reallohnverlust, mit Arbeitsplatzverlust und einschneidendem Sozialabbau.
Die Wirtschaft stagniert, sie ist in einer Rezession, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Besonders trifft dies die Industriezweige zum Beispiel Automobilbau, Chemie, Maschinenbau etc. und damit die dortigen Arbeitsplätze.
Rheinmetall produziert schon in der Ukraine und lässt seine Manager verkünden, man freue sich seine Produkte direkt vor Ort testen zu können.
Die aggressive Zoll- und Wirtschaftspolitik des US- Imperialismus ist aber auch gleichzeitig ein deutliches Zeichen, dass das kapitalistische System insgesamt in einer weltweiten Krise steckt. Die Welt muss umverteilt werden, um sich Ressourcen und Macht zu sichern.
Dafür stellen sie alle
- Errungenschaften der Arbeiterbewegung,
- die Gewerkschaftsrechte,
- die demokratischen Rechte,
- ja die Freiheit selbst auf den Prüfstand.
Merz, Scholz, Habeck, Weidel kennen für unser Land nur eine Zukunft, die der „Kriegstüchtigkeit“ und gemeinsam bereiten sie den Großen Krieg gegen Russland vor.
Alles wird auf den Krieg ausgerichtet!
Und wir wissen alle, der Krieg prägt unser ganzes Leben, er heizt die Inflation und somit die Lebensmittelverteuerungen, unbezahlbare Mieten, die Verarmung immer größerer Bevölkerungsschichten, der Rentner und Kinder an.
Das ist inzwischen unsere tägliche Realität.
Heute stehen wir vor einem Dokument, das unsere Aufmerksamkeit und kritische Auseinandersetzung erfordert: das Grünbuch „Zivil-Militärische Zusammenarbeit 4.0“.
Dieses Werk, verfasst von Militärs, Ministerialbeamten und Geheimdienstlern, zivilen Verbänden, von Industrie und Finanzkapital, skizziert Szenarien, in denen zivile Kräfte in militärische Logistik eingebunden werden sollen. Es wird davon ausgegangen, dass bei einer Eskalation der Spannungen mit Russland Zehntausende Soldaten durch unser Land verlegt werden. Dabei sollen Zivilpersonen Aufgaben übernehmen, die von der Einrichtung von Rastplätzen für Truppen bis hin zur Versorgung verletzter Soldaten reichen.
Sie rechnen in Ihren Planungen mit einem Waffenstillstand in der Ukraine für 2025 und einem Angriff aus Russland in den Jahren 29/30. Dieses Szenario ist für sie nicht nur ein Planspiel des Krieges, sondern forcierte Realität.
Doch was bedeutet das für uns? Es bedeutet, dass im Kriegsfall mit bis zu 1.000 verletzten Soldaten pro Tag gerechnet wird und Zivilisten nur noch „nachrangig“ behandelt werden sollen. Unsere Gesundheit und Sicherheit wird damit hinter militärische Prioritäten gestellt. Gleichzeitig rechnet man mit 1,8 Millionen Flüchtlingen.
Auf verschiedenen Veranstaltungen im Gesundheitswesens wird das medizinische Personal schon wieder, ähnlich wie in der Pandemie, auf bedingungslose Pflichterfüllung eingeschworen.
Mit der medialen Berichterstattung in Deutschland und derartigen Veranstaltungen wird der ersehnte Krieg, denkbarer, sagbarer und führbarer.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass unser Grundgesetz im Artikel 26 deutlich macht, dass „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar sind.“
Das Grünbuch fordert einen „Schulterschluss“ von Gesellschaft und Staat. Doch ist es wirklich im Interesse der Zivilbevölkerung, in militärische Planungen einbezogen zu werden? Sollen wir akzeptieren, dass unsere zivilen Strukturen militarisiert werden und wir selbst zu Rädchen in einer Kriegsmaschinerie degradiert werden?
Wir müssen uns fragen: Wollen wir eine Gesellschaft, in der zivile Belange dem Militär untergeordnet werden? Wollen wir, dass unsere Ressourcen und unsere Gesundheit für militärische Zwecke geopfert werden?
Die größte Rolle in dem Papier kommt der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ zu.
Die entscheidende Funktion soll dem Verfassungsschutz zukommen. Alle Versuche die sog. Freiheitliche Demokratie zu schwächen oder zu untergraben müssen bekämpft werden, die Polizei wird bei Demonstrationen und Blockaden und Streiks eingesetzt. Dafür, so der Autor, müssen Gesetze abgeändert werden. Beispielsweise soll das Trennungsverbot im Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei aufgehoben werden.
Ich kann hier nicht alle Aspekte dieses Grünbuches analysieren, aber die wenigen Beispiele genügen, um zu zeigen:
Die Regierung bereitet einen realen Krieg vor; und die politisch Verantwortlichen sind sich bewusst, dass dieser Krieg auf Widerstand in der Bevölkerung stoßen wird.
Es ist an der Zeit, aufzustehen und NEIN zu sagen zur Militarisierung unserer Gesellschaft. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere zivilen Strukturen für militärische Zwecke missbraucht werden. Unsere Priorität muss der Frieden sein, nicht die Vorbereitung auf den Krieg.
Waffen, Munition und Bomben haben keinen Mehrwert für unsere Gesellschaft. Werden sie eingesetzt zerstören sie lediglich.
Die Investition in unsere öffentliche Daseinsvorsorge und in unsere Kinder dagegen sind der einzige Weg um unsere Gesellschaft zu entwickeln und am Leben zu erhalten.
Lasst uns gemeinsam für eine Zukunft eintreten, in der zivile und militärische Bereiche klar getrennt bleiben und in der das Wohl der Zivilbevölkerung an erster Stelle steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,
Kriegshaushalt, Kriegsertüchtigung und Kriegstreiberei sind ein wesentlicher Bestandteil der Offensive auf unsere gesellschaftlichen Rechte und Errungenschaften, wie uns die Geschichte lehrt.
Doch gegen diese große Offensive beginnt sich der Widerstand zu formieren.
Tausende stehen derzeit mitten in diesem Kampf.
Wir wissen aber auch, all jenen, die mit uns dafür kämpfen, bläst ein harter Wind entgegen.
In den vergangenen Monaten gingen tausende Menschen in Berlin auf die Straße um gegen die Milliarden-Kürzungen im Berliner Haushalt des CDU/SPD Senat zu demonstrieren.
Das Kaputt-Sparprogramm des Senats muss zurückgenommen werden!
Sie sind nicht bereit, für ihren Krieg mit sozialer Zerstörung zu bezahlen.
Sie rufen: Butter statt Kanonen!
Besonders die Tarifforderungen im öffentlichen Dienst stehen immer in Haushaltskonkurrenz zu den Rüstungsausgaben und sind somit immer Kämpfe gegen den Krieg und für den Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Der Reallohnverlust der Inflationsjahre 2022/2023 muss endlich ausgeglichen werden.
Ausreichend Personal im ÖPNV, in den Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen, in den Schulen etc. ist mehr denn je notwendig.
Das geht nicht ohne Tariflöhne, welche die Inflation ausgleichen.
Nicht die Migranten sind schuld an der zerrütteten sozialen Infrastruktur und der Situation in unserem Land.
Die zerrüttete Infrastruktur ist Ursache für unsere Probleme und die Probleme von Migranten. Fehlender bezahlbarer Wohnraum, fehlende niedergelassene Ärzte, fehlende Kitas und marode Schulen trifft uns alle gleichermaßen.
Das ist das Ergebnis jahrelanger Kaputtsparpolitik.
Die dafür Verantwortlichen wollen ausländische und einheimische Arbeiter untereinander spalten, in den Konkurrenzkampf zwingen, um ihre zerstörerische Politik noch ungebremster betreiben zu können.
Merz und Weidel geht es nicht um „Migrationsbegrenzung“.
Beide wollen eine andere Republik. So wie Trump und Musk einen „Raubtierkapitalismus“ wollen, in denen Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaften abgeschafft werden.
So wie es Musk im Tesla-Werk in Grünheide bereits praktiziert.
Für die Profite von Tesla, X und Meta, Amazon und BlackRock wollen sie auch in Deutschland eine Regierung für den fortgesetzten gnadenlosen Abbau des Sozialstaates, der Arbeitnehmerrechte – und für eine Regierung der konsequenten Kriegsvorbereitung und der Rüstungskonzerne auf Kosten der produktiven Wirtschaft.
Fast alle Parteien schieben die Schuld an fast allen Problemen dieses Landes den Menschen zu, die vor Krieg und Armut zu uns fliehen.
Der eigentliche Skandal ist, dass sie den Krieg tagtäglich organisieren, der die Menschen in die Flucht treibt.
Der Skandal besteht darin, dass die Bundesregierungen, egal wer sie angeführt hat, seit Jahrzehnten den Niedriglohnsektor ausgebaut haben.
Der Skandal ist, dass immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben können.
Der Skandal besteht darin, dass die Öffentliche Daseinsvorsorge systematisch zerstört wird.
Ohne migrantische Arbeitskräfte wären viele Bereiche unserer Wirtschaft, Gesundheitsversorgung und des öffentlichen Lebens schon jetzt faktisch nicht mehr denkbar.
Viele meiner Kolleginnen und Kollegen in den Berliner Krankenhäusern haben Migrationshintergrund und sichern teilweise als billige Arbeitskräfte, zum Beispiel in der Reinigung, mit ihren hier geborenen Kollegen die Kommunale Gesundheitsversorgung unserer Stadt.
Ja, es muss umverteilt werden! Aber von oben nach unten!
Statt von unten nach oben – wie es BlackRock-Merz und Musk /Tesla-Weidel Fan fordern, und wie es Scholz, Habeck und Lindner in der Ampel praktiziert haben.
Ja, die Schuldenbremse muss weg!
Doch nicht um Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zu finanzieren, sondern für die dringend notwendigen Investitionen in Schulen und in Krankenhäusern, im öffentlichen Nahverkehr und in die Infrastruktur der Städte und des Landes.
„Bildung und Kultur statt Bomben und Tortur – Zukunft für Kinder in Gaza und Berlin“ … war auf einem Plakat auf einer der Kundgebungen zu lesen.
Auf anderen Schildern stand: „Soziale Sicherheit statt Aufrüstung und Sparzwang“, „Bildung statt Bunker“, „Kürzungen, Knüppel, Krieg – mehr könnt ihr nicht“.
Damit haben Beschäftigte im Sozial- und Bildungsbereich eine deutliche Aussage zum Charakter des bevorstehenden Kaputtsparhaushaltes“ getroffen:
Die zunehmenden Kriegsausgaben bezahlen die Kinder und Jugendlichen der Stadt mit der Zerstörung ihrer Freizeitangebote, sozialer Beratung und Bildung mit ausreichend Lehrern und intakten Schulgebäuden.
Das können wir nicht akzeptieren! Das werden wir nicht akzeptieren!
Statt Milliarden für Aufrüstung und Krieg – Milliarden
- für Schulen, Kitas, Krankenhäuser und die soziale Infrastruktur,
- für ein Aktionsprogramm zur Wiederherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge,
- für die ausreichende Finanzierung von Ländern und Kommunen.
Deshalb sagen wir:
Nein zu den Kriegen. Keine Waffenlieferungen. Keine Sanktionen. Waffenstillstand in der Ukraine und in Palästina.
In unserem Sozialstaat gibt es zahlreiche Errungenschaften der Arbeitnehmer, wer diese angreift, greift uns alle an.
Daseinsvorsorge ist nach Artikel 20 des Grundgesetzes eindeutig Aufgabe des Staates.
Nicht nur, aber gerade in der Daseinsvorsorge muss Arbeit aufgewertet werden
- in der Pflege, denn Gesundheit ist keine Ware, heißt es zurecht.
- in der Erziehung,
- im Einzelhandel,
- in der Kultur;
- kurz: überall dort, wo es um die grundlegenden Strukturen von menschlichem Zusammenleben und menschlichem Überleben geht.
Liebe Freundinnen und Freunde,
menschliches Zusammenleben und menschliches Überleben um jeden Preis zu schützen – das ist die Mahnung der unzähligen Kriegsopfer der Vergangenheit an uns. Sie sind unser Erbe und unsere Verpflichtung.
Im Zimmerwalder Manifest vom September 1915 heißt es:
„Niemals in der Weltgeschichte gab es eine dringendere, eine höhere, eine erhabenere Aufgabe, deren Erfüllung unser gemeinsames Werk sein soll. Kein Opfer zu groß, keine Last zu schwer, um dieses Ziel: den Frieden unter den Völkern zu erreichen.“
Josephine Thyrêt ist Krankenschwester, Gewerkschafterin und im Betriebsrat von Vivantes


