„Weltweit gibt es Protest und Revolten…“
An der Konferenz am 4./5.10. nahmen 150 Delegierte aus 18 Ländern Europas teil, und auch aus Palästina, aus USA und ein B`tselem-Sprecher aus Israel. Redner*innen aus der Ukraine und Russland reklamierten je einen Waffenstillstand und kritisierten die Politik der westlichen Regierungen die Kriege zulassen und sie sogar zu befördern.
Jérome Legavre, einer der Hauptorganisatoren und Abgeordneter von La France Insoumise (LFI) verurteilte zu Beginn das französische Establishment wegen seiner Unterstützung Israels und forderte das Ende des Ukrainekrieges. Er dankte den US-Redner*innen von Codepink – Women for Peace (Medea Benjamin) und Democratic Socialists of America – DSA (Andrew Basta) für ihre Teilnahme und sandte Grüße an Stop the War (John Rees), die zur Gründung dieser internationalen Antikriegsbewegung beigetragen hatten.
Es folgten stehende Ovationen für Stephen Kapos (87), geboren und aufgewachsen in einer jüdischen Familie in Budapest, überlebte er den deutschen Völkermord am europäischen Judentum in der Illegalität, nachdem er den Kontakt zu seiner Mutter verloren hatte und sein Vater in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert worden war. Als fester Bestandteil der englischen palästina-solidarischen Bewegung rechnet er in dem Film “Never again for anyone” mit der Regierung Netanjahu und ihrem genozidalen Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland ab, den er durchgehend und aus seiner Sicht nur konsequent als „Holocaust“ bezeichnet. Ebenso erhielt ein Mistreiter aus Palästina stehende Ovationen.
„Frieden ist viel mehr als die Abwesenheit von Krieg … es gibt keinen Frieden ohne die Befreiung aller Völker“, argumentierte ein Delegierter der spanischen sozialistischen Partei Podemos am ersten Tag der internationalen Konferenz gegen den Krieg in Paris.
Die Stärke der internationalen Palästina-Solidaritätsbewegung wurde sichtbar. Die Delegierten informierten über die Aktivitäten in Europa, USA und auch in Israel. In Belgien marschierten 110.000 Menschen für Palästina.
Medea Benjamin (Codepink) berichtete über die wöchentlichen Lobbykampagnen im Kongress und über die Proteste an den Universitäten. Ein Sprecher der italienischen Organisation „People
Have the Power“ informierte, dass während seiner Rede 500.000 Menschen durch Rom marschierten. Es gab zwei Generalstreiks, bei denen 2 Millionen Menschen für Palästina streikten. In der Woche vor der Konferenz marschierten 100.000 Menschen in Berlin.
Weltweit fordern die Menschen das Ende des Völkermordes.
Die Gaza-Flotille wurde gefeiert und die Konferenz verurteilte Israels Entführung und die Beschlagnahme von Hilfsgütern.
Viele weitere Redner*innen verurteilten ihre Regierungen als Mitschuldige am israelischen Völkermord in Gaza und forderten das Geld für die öffentliche Daseinsvorsorge auszugeben, statt 5% des BIP (das NATO-Ziel) für die Kriegsvorbereitung auszugeben. Viele forderten endlich einen Waffenstillstand in der Ukraine. Die Konferenzteilnehmenden riefen zu einem Ende von Krieg und Militarismus auf, der, wie Ulrike Eifler (Gewerkschafterin, Parteivorstand Die Linke) argumentierte „ein Frontalangriff auf unsere Klasse ist. Stoppen lassen sich Kriegstreiber, Bellizisten und Militaristen nur, wenn es uns gelingt eine starke, internationale und gewerkschaftlich verankerte Friedensbewegung aufzubauen“.
Jérome Legavre verwies auf die „kommende Barbarei“, da immer mehr Länder einen zunehmenden Faschismus auf der Straße und in der Regierung erleben. Andrej Hunko (BSW, ehem. MdB) argumentierte: „Wenn die Wahl, wie Rosa Luxemburg sagte, zwischen Sozialismus
und Barbarei bestehe, zeige der Völkermord in Gaza, das wir uns auf den Weg der Barbarei begeben. Doch die Massenbewegungen dagegen geben Hoffnung, dass wir für die Alternative kämpfen können“.
Welfare not Warfare
Beim Abschlussmeeting am 5. Oktober im Domes de Paris hörten 4.000 Aktive Zahra Sultana, MP, Ex-Labour: „Wir reden über Revolution. Es ist mir eine Ehre, in Paris zu sprechen – ein Ende des Völkermordes in Gaza und den Aufbau einer europäischen Bewegung für Wohlfahrt, nicht für Kriegsführung zu fordern.“
Unter den dreizehn Redebeiträgen auf dem Meeting beeindruckte die gemeinsame Rede einer palästinensischen Aktivistin und einer israelisch-jüdischen Aktivistin. Sie erklärten, dass Trumps Plan darauf abzielt, die Palästinenser zu unterdrücken. In einer ebenfalls gemeinsamen Rede stellten ein ukrainischer Aktivist und eine russische Aktivistin dar, dass der derzeitige Krieg ein Krieg gegen das russische und das ukrainische Volk ist. In dem Schlusswort kündigte der britische Aktivist der Koalition „Stop the War“, John Rees, eine zweite Kundgebung in London im kommenden Juni an.
„But hurry, time is short“, so John Rees. “Kein Cent, keine Waffe und kein Menschenleben für den Krieg!” Fazit: Zentral an beiden Tagen war der Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine, aber noch vielmehr der furchtbare Genozid in Gaza. Weltweit werden die Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung abgelehnt. Weltweit gibt es Proteste und Revolten. Weltweit wächst die Zahl derjenigen, die in Solidarität und an der Seite der Menschen in Palästina stehen.
Britta Brandau
Veröffentlicht in der Zeitschrift Soziale Politik & Demokratie Nr. 537 vom 10. Oktober 2025