„Wer Rüstung fördert, sät Sozialabbau“

Gastkommentar von Josephine Thyrêt, Sprecherkreis AGBSW Berlin, Co-Vorsitzende des BSW Berlin

Als Landesvorsitzende der BSW Berlin und designierte Direktkandidatin in Berlin-Pankow sehe ich täglich, was die Kaputtsparpolitik mit unserem Bezirk macht. Während die Herausforderungen wachsen – steigende Mieten, überlastete Kitas, unterfinanzierte Jugendhilfe und marode Infrastruktur –, wird Pankow weiter zum Sparen gezwungen. Die Haushaltssperre ist nur das sichtbarste Alarmsignal: Dahinter steht ein System, das strukturell überfordert ist – und das ausgerechnet denen die Mittel entzieht, die am dringendsten Unterstützung brauchen.

Berlin steht dabei exemplarisch für das, was bundesweit in vielen Kommunen passiert. Unsere Bezirke sollen soziale Aufgaben lösen, ohne die notwendigen Mittel zu haben. Sie sollen Menschen auffangen, die vom Markt, Spekulationen und Krisen überrollt werden – aber ohne finanzielles Netz. So wird der Sozialstaat langsam auseinandergezogen, Faser für Faser.

Währenddessen erleben wir auf Bundesebene eine beispiellose Aufrüstung: gigantische Rüstungspakete, militärische Sondervermögen, Infrastruktur für Kriegslogistik. Doch jeder Euro, der in Aufrüstung fließt, fehlt in den Kitas, fehlt in der Pflege, fehlt in der Jugendhilfe, fehlt in den Schulen und fehlt in fast allen kulturellen Bereichen – fehlt bei uns in Berlin.

Die politischen Prioritäten könnten kaum deutlicher sein: Für Waffen ist Geld da, für Kinder nicht. Für Heereslogistik ist Geld da, für Betreuung nicht. Für Kriegsfähigkeit ist Geld da, für eine friedliche Zukunft nicht.

Es ist längst offensichtlich: Krieg und Sozialstaat sind unvereinbar.

Man kann keinen funktionierenden Sozialstaat bewahren und gleichzeitig die Gesellschaft auf Konfrontation und Militarisierung ausrichten. Der Preis der Aufrüstung wird in den Kommunen kassiert – und er wird von denen getragen, die sowieso am wenigsten haben.

Deshalb ist die Friedensfrage heute nicht mehr abstrakt, nicht moralisch, nicht rhetorisch – sie ist ganz konkret sozial. Sie entscheidet darüber, ob es in Berlin offene Jugendtreffs gibt. Ob Pflegekräfte entlastet werden. Ob Schulen saniert werden. Ob Mieten bezahlbar bleiben.

Diese politischen Entscheidungen sind nicht zufällig, sondern Ausdruck einer tieferen Klassenlogik: Der Sozialabbau trifft vor allem Menschen mit geringem Einkommen, Kinder, Geflüchtete, Alte – unterstützt von öffentlichen Einrichtungen, die in finanziell ohnehin schwächeren Bezirken organisiert sind. Die Kommunen stehen unter enormem Druck, weil ihnen Mittel fehlen und sie zugleich wachsende soziale Aufgaben schultern müssen. Die Kriegsvorbereitungen auf nationaler Ebene verschärfen diese Krise noch: Ausgaben für Rüstung, Materialreserven und militärische Logistik verdrängen Investitionen in Soziales, Bildung oder Wohnungsbau.

Es ist eine bittere Realität: Der Aufbau eines robusten Friedensstaates erfordert Investitionen in die soziale Infrastruktur, nicht in Waffen. Aber die herrschende Politik setzt genau umgekehrt auf Kriegstüchtigkeit – wohl wissend, dass die Kosten dafür von den Kommunen und damit von uns allen getragen werden. In diesem Sinne ist die Friedensfrage heute ganz klar Klassenkampf: Wer Rüstung fördert, sät Sozialabbau; wer für Frieden eintreten will, muss zugleich für einen starken, solidarischen Sozialstaat kämpfen.

Beispiele für Pankow: Haushaltssperre 2025 nach jahrelangem Millionendefiziten, Abschaffung der Schwimmbusse, die Kindern das Schwimmenlernen ermöglichen, Reduzierung der öffentlichen Kulturflächen in der Kulturbrauerei, Auslaufen der Sozialbindungen für 3600 Mietwohnungen, 28.000 Wohnungen als Neubau durch Mittelkürzungen bedroht.

Vor dem Hintergrund ist der beschlossene Brief der bundesweiten Gründungsversammlung von Arbeit und Gewerkschaft beim BSW (AGBSW) an die Kolleginnen und Kollegen in Stadt und Land so wichtig, weil er klar sagt: „Man kann nicht den Sozialstaat verteidigen, ohne den Kampf gegen ihre Kriegspolitik aufzunehmen.“

Und dafür steht auch das BSW Berlin, wenn es auf dem Parteitag an die Berliner und Berlinerinnen schreiben: „Allen Kriegsbemühungen und -ertüchtigungen des zivilen Lebens, jeder Kriegspropaganda erteilen wir daher eine klare Abfuhr, denn Krieg kann nicht im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger sein.

Unsere Stadt benötigt Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge und nicht in die Vorbereitung eines Krieges.“

Diesen Worten müssen Taten folgen und dafür müssen wir alle gemeinsam handeln.


Die Initiative Arbeit und Gewerkschaft beim BSW (AGBSW) im Internet: agbsw.de