Kriegsvorbereitung: Wirtschaftswachstum durch Kriegswirtschaft

Teil der Kriegsvorbereitung ist die Umstellung von ziviler Produktion auf Rüstungsproduktion. Der neue Kanzler Merz wird als Vertreter des Finanzkapitals diese Umwandlung energisch vorantreiben.

Künftig will z.B. der Rüstungskonzern Rheinmetall statt Bauteile für Autos und andere zivile Komponenten in seinen Werken in Berlin und Neuss Munition herstellen. Das zivile Geschäft von Rheinmetall verbuchte in den ersten neun Monaten 2024 im Gegensatz zu den anderen boomenden Geschäftsfeldern Rheinmetalls einen leichten Umsatzrückgang auf 1,54 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis schrumpfte um 3,8 Prozent auf 74 Millionen Euro. Dagegen kletterte der Umsatz im gleichen Zeitraum in der Militärsparte um 64,3 Prozent auf 1,55 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis verdoppelte sich fast auf 339 Millionen Euro. Insgesamt stieg der Umsatz im Rheinmetall-Konzern auf 6,2 Milliarden Euro. „Wir erleben ein Wachstum, wie wir es im Konzern noch nie hatten“, freut sich Rheinmetall-Chef Armin Papperger.

Die Kriegsvorbereitungen der NATO-Staaten werden selbst bei einer Waffenruhe in der Ukraine für weiter volle Auftragsbücher sorgen. So hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen am 24. Februar ein weiteres Paket für die Ukraine in Höhe von 3,5 Mrd. Euro angekündigt. Nach Information der Nachrichtenagentur Bloomberg arbeiten europäische Regierungsvertreter an einem „neuen, umfangreichen Paket zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben und zur Unterstützung Kiews“. Noch Außenministerin Baerbock schwärmt geradezu: „Wir werden ein großes Paket auf den Weg bringen, dass es in dieser Dimension noch nie gegeben hat.“ Es gehe um etwa 700 Milliarden Euro (Berliner Zeitung, 17.2.2025).

Noch nicht einmal im Amt kündigt der zukünftige Bundeskanzler Merz an, dass er ein Sondervermögen für die Bundeswehr von 200 Milliarden Euro durchsetzen will. Rheinmetall-Chef Papperger: „Ich glaube, für unser Unternehmen bedeutet das, dass wir noch mehr wachsen müssen als bisher gedacht“.

Rheinmetall hatte bereits 100 Beschäftigten des defizitären Bremsenwerks von Continental in Gifhorn den Wechsel in eine Munitionsfabrik angeboten. Auch der Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt will Mitarbeiter von Continental und Bosch übernehmen, denen der Verlust des Jobs droht.

Schon melden sich die Finanzmärkte zu Wort. „Unabhängige“ wissenschaftliche Institute kommen zu dem Ergebnis, dass „eine starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben die deutsche Wirtschaft ankurbeln und Zigtausende Arbeitsplätze schaffen“ würde. „Eine deutliche Steigerung der Verteidigungsausgaben wäre nicht nur eine Investition in die eigene Sicherheit, sondern auch ein echtes Konjunkturprogramm. Bei einer Erhöhung des bisherigen Zwei-Prozent-Ziels der NATO auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) würde das europäische BIP-Wachstum um 0,66 Prozentpunkte steigen. Europaweit könnten zudem 660.000 neue Arbeitsplätze entstehen.“ Das ergab eine „unabhängige“ Analyse der Unternehmensberatung EY (Ernst & Young). (ntv, 21.2.25)

Die deutsche Wertschöpfung würde demnach um 6,4 Milliarden Euro steigen. 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze könnten hierzulande entstehen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt dem Bericht zufolge die London School of Economics.

Das durch Verteidigungsausgaben ausgelöste Wachstum „kann wichtige Impulse liefern, um die schleppende wirtschaftliche Entwicklung in einigen europäischen Volkswirtschaften – insbesondere in Deutschland – anzukurbeln“, zitiert EY Deka-Vorstand Matthias Danne. Profitieren würden neben dem Rüstungssektor unter anderem die Metallindustrie und Dienstleister wie Transport- und Logistikunternehmen. So soll die zukünftige Industriepolitik der neuen Bundesregierung aussehen.
Dafür sollen die Mitgliedstaaten der EU neue Schulden machen dürfen, ohne ein EU-Defizit-Verfahren fürchten zu müssen.

Auch beim Wiederaufbau der Ukraine würden deutsche Unternehmen zusätzlich profitieren. Die erwarteten Investitionen belaufen sich auf bis zu drei Billionen Euro. Ein enormes Geschäft, staatlich garantiert.

Die zivile Produktion geht in die Knie

Gleichzeitig wird die zivile Produktion abgebaut. Die Industrie steckt in einer tiefen Krise. Ursache sind die hohen Energiekosten, als Folge der Sanktionen gegen Russland.

Vier von zehn Firmen wollen im Jahr 2025 Stellen abbauen. Nur 17 Prozent wollen im Jahr 2025 neues Personal einstellen. Damit sind die Chancen, eine neue Stelle zu bekommen, so schlecht wie seit der Finanzkrise im Jahr 2008 nicht mehr.

Volkswagen will bis 2030 rund 35.000 Stellen auf sozialverträgliche Weise abbauen.

ZF Friedrichshafen bis zum Jahr 2028 rund 14.000 Beschäftigte.

Bei Continental soll es bis 2028 insgesamt 7.150 Stellen weniger geben. Weitere 3.000 Stellen stehen bis Ende 2026 vor dem Aus, womit der Gesamtabbau an Arbeitskräften auf über 10.000 steigt. Dabei wurden schon seit Mitte 2023 5.000 Stellen abgebaut.

Thyssenkrupp Steel will bis zum Jahr 2030 sowohl 5.000 Stellen aufgrund von „Anpassung in Produktion und Verwaltung“ abbauen, weitere 6.000 sollen durch die Ausgliederungen auf externe Dienstleister wegfallen.

Ford will bis 2027 etwa 4.000 Jobs in Europa streichen; 2.900 von den knapp 16.500 Stellen in Deutschland. Das Kölner Werk ist mit rund 11.500 Mitarbeitern wird am stärksten betroffen.

Schaeffler will bis 2027 allein in Deutschland an zehn Standorte und 2800 Mitarbeiter entlassen.

Vodafone möchte im Rahmen eines Sparprogramms bis 2026 rund 2.000 Stellen einsparen.

Bei Evonik sollen bis 2026 2.000 der aktuell 32.000 Stellen in Deutschland wegfallen.

Miele will bis 2028 ungefähr 1.300 Stellen in Deutschland streichen.

Bei Bosch sind im Jahr 2024 international 11.500 Stellen weggefallen, davon 4.400 Stellen in Deutschland. Bis 2032 könnten weitere 12.000 Entlassungen folgen, davon wohl rund 7.000 in Deutschland.

Bei Tesla, Musks Werk in Grünheide bei Berlin, sollen neben den bereits 300 von 2.000 bekanntgegeben Leiharbeiterstellen zusätzliche 400 der 12.500 festen Stellen abgebaut werden.

Bayer baute bereits vergangenes Jahr 6500 Stellen weltweit ab.

BASF hat bereits rund 3.200 Stellenstreichungen durchgeführt, weitere sollen folgen.

Das Softwareunternehmen SAP baut deutschlandweit 3.500 Arbeitsplätze ab.

Das Land Brandenburg verliert pro Woche zwischen 1.000 und 1.500 industrielle Arbeitsplätze, die weitgehend noch vor allem durch prekäre Arbeitsplätze zum Niedriglohn ersetzt werden können. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich dieser Arbeitsplatzplatzabbau in der Arbeitslosenstatistik niederschlägt.

„Uns ist der Sozialpartner abhandengekommen“

Inzwischen ist es so, dass die Unternehmen nicht einmal mehr Sozialpläne verhandeln, sondern einfach schließen. „Uns ist der Sozialpartner abhandengekommen,“ so eine führende Gewerkschafterin in einer Diskussion. Von einer Zweiten Welle der Deindustrialisierung ist gerade unter Gewerkschaftern in Ostdeutschland die Rede.

Als einzige Perspektive setzen führende Gewerkschafter auf die Hilfe durch die Bundesregierung. Die Kriegspolitik der Bundesregierung bleibt aber Tabu.

Es gibt nur einen Ausweg, die zivile Produktion unter staatlichen Schutz zu stellen und zu Lasten der Rüstungsproduktion massiv zu fördern. Dann kann es ein reales Wirtschaftswachstum geben.
Das wird der neue BlackRock-Kanzler nicht zu lassen. So muss die Gewerkschaft den Weg des Kampfes gehen, wenn sie ihre Existenz nicht in Frage stellen will.

Gotthard Krupp

Veröffentlicht in Soziale Politik & Demokratie Nr. 524 vom 3. März 2025

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